Das Gesetz der Wölfe

Weit weg im tiefen Wald lebte ein Rudel Wölfe. Sie kümmerten sich umeinander, halfen sich gegenseitig und hielten immer zusammen. Sie hatten ihre eigenen Wolfsgesetze und Regeln, an die sich alle hielten. Keiner durfte sie brechen. Zum Rudel gehörten junge und alte Wölfe, weibliche und männliche. Sie beschützten sich gegenseitig und lebten glücklich zusammen.

Eines Tages lief ein junger Wolf allein durch den Wald, als er plötzlich seltsame Geräusche hörte. Sie kamen von irgendwo aus dem Gebüsch. Es waren die Geräusche eines Tierbabys, aber nicht eines Wolfswelpen. Der Wolf ging näher heran, um herauszufinden, wer die Geräusche machte. Als er entdeckte, wer es war, sprang er zurück und duckte sich. Es war ein Menschenkind. Ein kleines Mädchen kauerte im Gebüsch.

Gute-Nacht-Geschichten - Das Gesetz der Wölfe
Das Gesetz der Wölfe

Als das Kind den Wolf sah, erschrak es und versteckte sich tiefer im Gebüsch. Aber nach einer Weile fasste das kleine Mädchen Mut, streckte dem Wolf die Hand entgegen und sagte ruhig: „Hab keine Angst, ich werde dir nichts tun. Ich habe mich verirrt und ich habe Angst. Kannst du mir helfen, das Dorf zu finden, in dem Menschen leben, damit ich nach Hause zurückkehren kann?“

Der Wolf stand regungslos da und sah das kleine Mädchen an. Er starrte ihr in die Augen und in diesem Moment war es, als ob sich eine Art Wärme in seinem Körper ausbreitete. Eine angenehme Art von Magie, die ihn dazu brachte, näher an ihre Hand heranzutreten. Vorsichtig schnupperte er an ihr. Er hatte noch nie einen so süßen Duft gerochen! Irgendwo tief in seinem Inneren wusste er, dass er ihr helfen musste. Und so stützte er sie mit seinem Körper und führte sie aus dem Wald.

Er führte sie bis zum Dorf und stupste sie dann sanft an, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie jetzt alleine weitergehen musste. Er beobachtete das Mädchen aus der Ferne, um sicherzugehen, dass sie sicher ankam. Als er sah, wie die anderen sie in die Arme nahmen, ging er zufrieden zu seinem Rudel zurück.

Ein paar Tage vergingen und der Wolf wanderte wieder durch den Wald. Plötzlich nahm er den vertrauten süßen Duft in der Luft wahr. Er begann sich umzudrehen und nach der Quelle zu suchen. Und dann sah er sie. Dort, hinter einem Baum, stand das Mädchen, das er gerettet hatte.

Als sie den Wolf sah, rannte sie zu ihm und umarmte ihn. „Ich wusste, dass ich dich finden würde! Ich habe mich heute nicht verlaufen, sondern ich bin gekommen, um dich zu finden. Ich wollte mich dafür bedanken, dass du mich das letzte Mal nach Hause geführt hast. Ich habe dich wirklich vermisst“, flüsterte das Mädchen ihm ins Ohr. Die gleiche warme Magie erfüllte den Wolf wieder. Er wusste, was das bedeutete. Der Wolf hatte das Mädchen akzeptiert. Er wusste, dass er eine starke Bindung zu ihr hatte. Und dass er sie von nun an beschützen würde, als gehöre sie zu seinem Rudel, auch wenn sie bei anderen Menschen lebte. Das Band, das er geknüpft hatte, würde niemals von jemandem zerstört werden.

Nach einiger Zeit wurde das kleine Mädchen ein wenig älter. Sie wuchs schnell. Die ganze Zeit über kam sie oft zu ihrem Wolfsretter in den Wald. Und er wartete immer auf sie. Keiner der anderen Wölfe tat ihr jemals etwas zuleide. Sie wussten, dass, wenn einer von ihnen eine Bindung zu ihr hatte, sie ein Teil des Rudels war. Und das ist das Gesetz der Wölfe.

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